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Überbau und Open Access im Glasfaserausbau: Herausforderungen und Lösungsansätze
Zuletzt aktualisiert: 24. April 2024
Der Glasfaserausbau in Deutschland ist von entscheidender Bedeutung für die digitale Zukunft des Landes. Doch die aktuellen Entwicklungen rund um den sogenannten Überbau und die Forderungen nach Open Access werfen wichtige Fragen auf.
Laut BREKO Marktanalyse sind 223 Kommunen in 13 Bundesländern vom Doppelausbau betroffen. Der BREKO macht vor allem die Telekom dafür verantwortlich und wirft ihr strategischen Doppelausbau vor.
In diesem Blogbeitrag werfen wir einen Blick auf die Definitionen, analysieren bestehende Probleme und diskutieren Lösungsansätze.
Überbau im Glasfaserausbau: Was ist das?
- Kosten und Ressourcenverschwendung: Überbau führt zu unnötigen Kosten und Ressourcenverschwendung, da bereits bestehende Infrastruktur erneut verlegt wird.
- Fragmentierung der Netzwerke: Durch Überbau entstehen fragmentierte Netzwerke, was zu Ineffizienzen bei der Wartung und Pflege der Infrastruktur führen kann.
- Mangelnde Investitionsanreize: Die Existenz von Überbau kann Investoren abschrecken, da die Rentabilität der Infrastruktur in Frage gestellt wird.
Vorwürfe gegen die Telekom
Zudem befürchtet der Verband, dass die Aktivitäten der Telekom dazu führen könnten, dass die Ausbauziele der Bundesregierung im Rahmen der Gigabitstrategie, insbesondere der flächendeckende Glasfaserausbau bis 2030, gefährdet werden.
Auch Vodafone macht der Telekom Vorwürfe – in diesem Fall aber über zu hohe Mietpreise für die Mitverlegung von Glasfaserkabeln in den Leerrohren der Telekom. Die Telekom verlange „Mondpreise“. Laut Telekom hingegen seien die Preise marktgerecht. Die Bundesnetzagentur will nun die Preise für die Mitverlegung festlegen.
Die Telekom setzt sich zur Wehr
Die Telekom argumentiert, dass der Überbau bestehender Glasfasernetze durch das Unternehmen einen geringen Prozentsatz ausmacht, nämlich etwa 1 bis 2 Prozent. Dies steht im Widerspruch zu den Vorwürfen des BREKO, wonach der Überbau weitreichender und problematischer sei.
Die Telekom betont die Notwendigkeit einer faktenbasierten und transparenten Diskussion über den Überbau. Sie hat die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der Bundesnetzagentur und anderen Institutionen erklärt, um die Situation zu klären und Missverständnisse auszuräumen.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Diskussion über den Überbau im Glasfaserausbau weiterhin andauert, und die verschiedenen Interessenvertreter versuchen, ihre Perspektiven und Standpunkte zu verteidigen. Dennoch muss mittel- und langfristig eine Lösung gefunden werden.
Studie des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass der Doppelausbau problematisch ist, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen beteiligt ist. Dies stellt laut dem Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) insbesondere die Telekom in den Fokus. Die Strategien und Ankündigungen der Telekom könnten den erfolgreichen Glasfaserausbau in Deutschland beeinträchtigen. Demnach kann es bereits ausreichen, wenn ein Unternehmen einen Doppelausbau ankündigt, damit sich kleinere Telekommunikations-Unternehmen zurückziehen und den geplanten Ausbau nicht umsetzen.
Zwischenbericht der Monitoringstelle Doppelausbau
1. Ausbau nur lukrativer Kerngebiete: Die Untersuchung zeigt, dass in mehr als der Hälfte der Fälle, in denen die Deutsche Telekom als später hinzukommendes Unternehmen auftritt, eine ausschließliche Konzentration auf lukrative Kerngebiete festzustellen ist. Für Wettbewerber-Fälle ist ein solches Verhalten nur sehr selten zu identifizieren.
2. Kurzfristige Reaktion auf den Vertriebsstart eines Wettbewerbers: Ebenfalls in etwa der Hälfte der Fälle reagiert die Telekom kurzfristig auf Initiativen von Wettbewerbern. Auch hier tritt das Verhalten bei Wettbewerben in deutlich geringerem Umfang auf.
3. 'Leere' Ankündigungen: Bisher gibt es kaum Anhaltspunkte dafür, dass ein Ausbau angekündigt, im Anschluss aber nicht weiterverfolgt wird.
4. Teilweiser oder vollständiger Rückzug von Unternehmen: In etwa 20 % der Fälle ziehen sich Unternehmen, die ursprünglich mit dem Ausbau begonnen hatten, zurück, wenn die Telekom als Konkurrent auftritt. In Wettbewerber-Fällen gibt es kaum Hinweise für einen (Teil-)Rückzug.
Urteil zur Gebührenfestsetzung
Nach § 155 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) kann die Bundesnetzagentur die vertraglichen Bedingungen in einem Streitbeilegungsverfahren festlegen, wenn die Telekommunikationsunternehmen sich nicht selbst einigen können. Von dieser Kompetenz hat die Bundesnetzagentur im Fall M-net und Vodafone Gebrauch gemacht. Allerdings hat das Verwaltungsgericht in Köln auf Eilantrag der Vodafone diese Entscheidung für rechtswidrig erklärt. Laut dem Gericht habe die Behörde voreilige Schlüsse gezogen und den Beteiligten nicht hinreichend rechtliches Gehör gewährt. Die Bundesnetzagentur hatte Durchschnittspreise aus bereits vereinbarten monatlichen Entgelten für die Mitnutzung von Glasfasernetzen errechnet. Dagegen hat sich die Vodafone erfolgreich zu Wehr gesetzt. Das Verfahren wird in der Branche genau beobachtet und gilt als Präzedenzfall für künftige Streitfälle.
Gigabit Infrastructure Act (GIA)
Open Access als Schlüssel für einen fairen Wettbewerb
Die Vorteile liegen laut BREKO auf der Hand: Durch offene Netzzugänge können Auslastung und Refinanzierung der Glasfasernetze verbessert werden, während Endkundinnen eine größere Auswahl an Anbietern erhalten.
Der BREKO hat eine klare Definition von Open Access mit vier Kernpunkten entwickelt: Freiwilliger Netzzugang, offener Netzzugang, diskriminierungsfreier Netzzugang und Fokus auf die Anbindung von Endkund:innen. Diese Definition soll als Grundlage für einen Branchenstandard dienen und freiwillig von den Unternehmen akzeptiert werden.
Dass der Ansatz den Netzbetreibern und Anbietern Vorteile bringt, zeigt auch die steigende Anzahl an Kooperationen. Immer mehr Telekommunikationsunternehmen verkünden ihre Zusammenarbeit mit anderen Anbietern im Rahmen von Open Access.
Lösungsansätze und Forderungen des BREKO
Der BREKO fordert zudem eine verstärkte Rolle des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr, um auf Basis der vorliegenden Erkenntnisse konkrete Maßnahmen zu ergreifen. Dies sei entscheidend, um die Ausbauziele zu erreichen und die Dynamik des Glasfaserausbaus in Deutschland zu erhalten.
Gleichzeitig wird auch der BREKO zum Handeln aufgerufen. Dirk Fieml, Geschäftsführer der tktVivax, forderte den Verband auf den fiberdays 24 auf, eine einheitliche Methode zur Entgeltberechnung im Rahmen von Open Access zu entwickeln. Ansonsten mache sich die Branche abhängig von der Regulierung der Bundesnetzagentur, die – wie das jüngste Urteil zeigt – nicht frei von Makeln ist. Dem solle der BREKO zuvorkommen.
Neue Marktmodelle
Fazit: Open Access als Weg zu einem nachhaltigen Glasfaserausbau
Quellen
BREKO (2023): „BREKO Marktanalyse 2023“, 30. August 2023, https://www.brekoverband.de/site/assets/files/37980/breko_marktanalyse_2023-1.pdf, letzter Zugriff am 30. November 2023.
BREKO (2023): „BREKO-Positionspaper Open Access im Glasfaserausbau“, August 2023, https://www.brekoverband.de/site/assets/files/37769/breko_positionspapier_open_access.pdf, letzter Zugriff am 30. November 2023.
BREKO (2023): „BREKO-Pressestatement zur Veröffentlichung der vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr beauftragten Studie zum Doppelausbau von Glasfasernetzen“, 17. Oktober 2023, https://www.brekoverband.de/aktuelles/news/pressemitteilungen/breko-pressestatement-zur-veroeffentlichung-der-vom-bundesministerium-fuer-digitales-und-verkehr-beauftragten-studie-zum/, letzter Zugriff am 30. November 2023.
BREKO (2023): „Fiberdays 2023: Branche und Politik verständigen sich auf Open Access-Kurs“, 16. März 2023, https://www.brekoverband.de/aktuelles/news/pressemitteilungen/fiberdays-2023-branche-und-politik-verstaendigen-sich-auf-open-access-kurs/, letzter Zugriff am 30. November 2023.
BREKO (2023): „Open Access: Definition des BREKO für offenen Zugang zu Glasfasernetzen schafft Grundlage für Branchenstandard und soll Glasfaserausbau zusätzlichen Schub geben“, 25. August 2023, https://www.brekoverband.de/aktuelles/news/pressemitteilungen/open-access-definition-des-breko-fuer-offenen-zugang-zu-glasfasernetzen-schafft-grundlage-fuer-branchenstandard-und-soll/, letzter Zugriff am 30. November 2023.
Bundesnetzagentur (2023): „Monitoringstelle für Glasfaser-Doppelausbau gestartet“, 03. Juli 2023, https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2023/20230703_Doppelausbau.html, letzter Zugriff am 30. November 2023.
Fieml, Dirk (2024): „Open Access 2.0 geht in die Umsetzung“, stadt+werk, 09. Januar 2024, https://www.stadt-und-werk.de/meldung_42662_Open+Access+2.0+geht+in+die+Umsetzung.html, letzter Zugriff am 26. März 2024.
Hankmann, Marc (2024): „BREKO soll drohender Regulierung vorbeugen“, Cable!vision, 29. Februar 2024, https://www.cablevision-europe.de/_rubric/detail.php?rubric=Unternehmen&nr=23908, letzter Zugriff am 26. März 2024.
Krempl, Stefan (2024): „VG Köln: Erste Entscheidung über Entgelte bei offenem Netzzugang rechtswidrig“, heise online, 18. März 2024, https://www.heise.de/news/VG-Koeln-Erste-Entscheidung-ueber-Entgelte-bei-offenem-Netzzugang-rechtswidrig-9658542.html, letzter Zugriff am 26. März 2024.
Neumann, Karl-Heinz (2023): „Glasfaser-Doppelausbau: Förderlich oder schädlich?“, Tagesspiegel Background, 03. November 2023, https://background.tagesspiegel.de/digitalisierung/glasfaser-doppelausbau-foerderlich-oder-schaedlich, letzter Zugriff am 30. November 2023.
Sawall, Achim (2023): „Angaben der Telekom zum Überbau ‚nicht nachvollziehbar‘“, Golem, 02. August 2023, https://www.golem.de/news/breko-angaben-der-telekom-zum-ueberbau-nicht-nachvollziehbar-2308-176357.html, letzter Zugriff am 30. November 2023.
Sawall, Achim (2023): „Telekom soll sich landesweiten Überbau nicht leisten können“, Golem, 07. November 2023, https://www.golem.de/news/verdraengungsstrategie-telekom-soll-sich-landesweiten-ueberbau-nicht-leisten-koennen-2311-179199.html, letzter Zugriff am 30. November 2023.
Wissenschaftliches Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste (2023): „Doppelausbau von Glasfasernetzen – Ökonomische Analyse und rechtliche Einordnung. Studie für das Bundesministerium für Digitales und Verkehr“, https://www.wik.org/veroeffentlichungen/veroeffentlichung/doppelausbau-von-glasfasernetzen-oekonomische-analyse-und-rechtliche-einordnung, letzter Zugriff am 30. November 2023.