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Neue Gigabitstrategie: So will die Bundesregierung den digitalen Aufbruch schaffen

"Wir wollen die Rückstände der vergangenen Jahre aufholen und wollen bis zum Jahr 2030 flächendeckend eine Versorgung mit Glasfaser überall dort ermöglichen, wo Menschen leben, arbeiten oder unterwegs sind", sagte Bundesdigitalminister Volker Wissing und formuliert damit klare Ziele für den Glasfaserausbau.

So einfach ist es allerdings nicht. Wissing muss hierfür den Spagat meistern, die Investitionen von Telekommunikationsunternehmen nicht abzuwürgen – für die nächsten drei Jahre wurden 50 Milliarden Euro zugesichert. Gleichzeitig muss Glasfaser in den Regionen ankommen, in denen sich der Ausbau für die Privatwirtschaft nicht lohnt.

Um das zu erreichen, hat die Bundesregierung eine Gigabitstrategie verabschiedet. Wir fassen die Ziele und wichtigsten Maßnahmen der Strategie zusammen und klären, wo die Telekommunikationsbranche Kritik übt. 

Ziele der Gigabitstrategie

In der Gigabitstrategie des Bundes sind klare Ziele definiert, wie es mit der Digitalisierung Deutschlands weitergehen soll. So soll bis Ende 2025 die Glasfaserversorgung aller Haushalte und Unternehmen auf 50 Prozent erhöht werden und bis 2030 sollen alle Haushalte gigabitfähig erschlossen sein

Auch der Mobilfunk soll bis 2030 flächendeckend überall dort, wo Menschen leben, arbeiten oder unterwegs sind, auf den höchsten Standard ausgebaut werden.

Dabei soll der Glasfaserausbau weitestgehend marktgetrieben erfolgen. Lediglich Gebiete, in denen sich ein eigenwirtschaftlicher Ausbau nicht lohnt, sollen durch staatliche Förderung abgedeckt werden.

Um dies zu erreichen, sind in der Gigabitstrategie knapp 100 Einzelmaßnahmen formuliert. Viele dieser Maßnahmen fallen allerdings auf die Länder und Kommunen zurück, sodass sie eher einen Empfehlungscharakter haben. Die wichtigsten Maßnahmen haben wir für Sie zusammengefasst. 

Die wichtigsten Maßnahmen

Eine der wichtigsten Maßnahmen ist die Beschleunigung und Digitalisierung von Genehmigungsverfahren. Um die Bearbeitungszeit von aktuell bis zu vier Monaten zu reduzieren, sollen die Bundesländer bis Ende 2022 die Verfahren erleichtern und vereinheitlichen. Ein Pilotprojekt von Hessen und Rheinland-Pfalz zu einem zentralen Antrags- und Genehmigungsportal soll hier als Best-Practice-Beispiel dienen.

Außerdem möchte die Bundesregierung die Akzeptanz für neue Verlegetechniken stärken und Unsicherheiten bei Kommunen und Unternehmen abbauen. Schnellere und kostengünstigere Verlegetechniken sollen den Glasfaserausbau beschleunigen. Um das zu erreichen, will das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) DIN-Normierungen dieser Techniken unterstützen.

Durch ein Gigabit-Grundbuch möchte das BMDV mehr Transparenz schaffen. In dem Buch werden die relevanten Informationen für einen beschleunigten Glasfaser- und Mobilfunkausbau gesichert gebündelt und je nach Nutzergruppe zur Verfügung gestellt. Dazu gehört zum Beispiel, welche Netzinfrastrukturen bereits vorhanden sind und mitgenutzt werden können und wo es Ausbauvorhaben sowie verfügbare Liegenschaften und Grundstücke in der öffentlichen Hand gibt.

Auch die Förderung soll verbessert werden. Dazu möchte das BMDV im ersten Schritt eine bundesweite Potenzialanalyse durchführen, um herauszufinden, wo Förderbedarf besteht und wo mit einem eigenwirtschaftlichen Ausbau gerechnet werden kann. Diese wird Anfang des vierten Quartals veröffentlicht und soll Gebietskörperschaften Unterstützung bei der Priorisierung von Ausbaugebieten geben. Die Potenzialanalyse ist für Kreise und Kommunen allerdings nicht bindend und entfaltet keine sofortige Sperrwirkung. Um privatwirtschaftlichen Ausbau dabei nicht zu verdrängen, wird die Umsetzung der Förderung fortlaufend evaluiert und bei Bedarf will das BMDV Gegenmaßnahmen einleiten.

Zusätzlich wird in der Gigabitstrategie ein besonderer Fokus auf den Mobilfunk gelegt. Sowohl an Bahnstrecken als auch an anderen Verkehrswegen soll die Mobilfunkversorgung steigen. Außerdem nimmt die Regierung den Gesundheitsschutz stärker in den Fokus und will hier vermehrt Grundlagenforschung betreiben, um so die Akzeptanz in der Bevölkerung zu steigern.

Um regelmäßig zu prüfen, wie der Glasfaserausbau in Deutschland vorankommt, soll ein neuer Ausschuss mit Vertretungen von Bund und Ländern gegründet werden. Dieser soll sich mehrmals im Jahr beraten und Fortschritte überprüfen. 

Kritik an der Gigabitstrategie

Aus der Telekommunikationsbranche kommt viel Lob für die Gigabitstrategie. Zum Beispiel wird begrüßt, dass die Genehmigungen vereinfacht und alternative Verlegemethoden verstärkt eingesetzt werden sollen.

Allerdings gab es auch einige Kritik – beispielsweise an der nicht ausreichenden Priorisierung von wirklich bedürftigen Gebieten. Hier befürchtet Stephan Albers, Geschäftsführer des Glasfaser-Verbands BREKO, dass es zu viele Fördervorhaben geben könnte, die den Ausbau verlangsamen und verteuern sowie wichtige Ressourcen, beispielsweise im Tiefbau, bündeln.

Nicht selten ist die Rede von einem „Förder-Tsunami“, mit dem die Regierung Steuergelder verschwendet und gleichzeitig in direkte Konkurrenz mit der Privatwirtschaft tritt. Zudem wird befürchtet, dass die hohe Anzahl an Anträgen nicht bearbeitet werden können und dass sich der Glasfaserausbau weiter verzögert.

David Zimmer vom Telekommunikationsverband VATM warf der Bundesregierung ein unstrukturiertes Vorgehen bei der Glasfaser-Förderung vor. Beide Verbände prognostizieren zudem, dass die Maßnahmen nicht ausreichen, um die ambitionierten Ausbauziele zu erreichen und dass der Ausbau länger dauern wird als geplant. 

Fazit

Die Gigabitstrategie gilt sowohl in der Politik als auch in der Wirtschaft als wichtiger Schritt auf dem Weg zum flächendeckenden Glasfaserausbau. Inwiefern die ambitionierten Ziele der Bundesregierung durch die bisher geplanten Maßnahmen zu erreichen sind, bleibt abzusehen. Nicht zuletzt, weil viele Maßnahmen in den Zuständigkeitsbereich der Länder und Kommunen fallen.

Nichtsdestotrotz setzt der Bund mit der Gigabitstrategie ein wichtiges Zeichen für den digitalen Aufbruch in Deutschland und lässt dank der Einrichtung eines Ausschusses zur Evaluierung der aktuellen Fördergeschehnisse Raum für Anpassungen, wo sie nötig sind. 

Wir unterstützen Sie!

Trotz der Potenzialanalyse des Bundes sollten Kreise und Kommunen selbst genau analysieren, wo der Versorgungsbedarf am größten ist. Wir unterstützen Sie bei Ihrer Marktanalyse und ermitteln mit Ihnen, in welchen Gebieten kein eigenwirtschaftlicher Ausbau zu erwarten ist und ein geförderter Ausbau sinnvoll sein kann.

Auch bei der Verbesserung Ihrer 5G-Mobilfunkversorgung sind wir an Ihrer Seite! Sie suchen eine Mobilfunkkoordination für Ihren Kreis oder Ihre Stadt? Bereits seit mehr als 10 Jahren sind wir in der Planung und Beratung gemeinschaftlich mit Mobilfunkanbietern tätig. Profitieren Sie von unserer umfassenden Expertise und bringen Sie den Ausbau der Mobilfunkabdeckung zielgerichtet voran! 

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Quellen

Bundesministerium für Digitales und Verkehr (2022): „Gigabitstrategie der Bundesregierung verabschiedet“, 13. Juli 2022, https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Pressemitteilungen/2022/050-wissing-gigabitstrategie-der-bundesregierung-verabschiedet.html, letzter Zugriff am 26. Juli 2022.

Bünder, Helmut und Corinna Budras (2022): „Digitalisierung. Wie Wissing Glasfaser in jedes Haus bringen will“, 12. Juli 2022, Frankfurter Allgemeine, https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/digitalisierung-wie-wissing-glasfaser-in-jedes-haus-bringen-will-18167884.html, letzter Zugriff am 26. Juli 2022.

Bundesverband Breitbandkommunikation e. V. (2022): „Gigabitstrategie des Bundes: Größtes Potential für Beschleunigung des Glasfaserausbaus bleibt ungenutzt“, 13. Juli 2022, https://www.brekoverband.de/aktuelles/news/pressemitteilungen/gigabitstrategie-des-bundes-groesstes-potential-fuer-beschleunigung-des-glasfaserausbaus-bleibt-ungenutzt/, letzter Zugriff am 26. Juli 2022.

Krempl, Stefan (2022): „Glasfaser für alle: Bundesregierung beschließt Gigabitstrategie“, 13. Juli 2022, Heise online, https://www.heise.de/news/Glasfaser-fuer-alle-Bundesregierung-beschliesst-Gigabitstrategie-7178814.html, letzter Zugriff am 26. Juli 2022.

Rudl, Thomas (2022): „Gigabitstrategie. Prinzip Hoffnung“, 14. Juli 2022, netzpolitik.org, https://netzpolitik.org/2022/gigabitstrategie-prinzip-hoffnung/, letzter Zugriff am 26. Juli.

Tagesschau (2022): „‘Gigabitstrategie‘ der Regierung. In acht Jahren überall schnelles Internet“, 13. Juli 2022, https://www.tagesschau.de/inland/internet-gigabitstrategie-bundesregierung-101.html, letzter Zugriff am 26. Juli 2022. 

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